KI und Ich

Ein Blog über KI, Auswirkungen und Experimente von Karlheinz Agsteiner

Die Zukunft mit AI - Coding und sonst

Was, wenn uns die Arbeit ausgeht?

Privat

Bisher habe ich mir keine Sorgen gemacht, dass Fortschritte in der AI uns Softwareentwickler in großem Umfang die Jobs wegnimmt. Anders als z.B. ein Landwirt, der trotz größter technischer Fortschritte nur eine beschränkte Ackerfläche zu bearbeiten hat gibt es in der digitalen Welt keine fundamentale Beschränkungen. Wenn eine IT-Firma die Wahl hat, die bestehende Mannschaft um 80% zu reduzieren, oder die Geschwindigkeit der Releases mit bestehender Mannschaft und Ais um das fünffache zu erhöhen, dürfte die vernünftigere Lösung Zweiteres sein - so kann man hoffen, mit der Konkurrenz mitzuhalten. Und die Backlogs der Projekte sind meist lang, die zu lösenden Kundenprobleme vielfältig.

In meinem Privatleben ist das ähnlich. Ich entwickle einfach gern Software - der Weg von einer Idee zu etwas, das der Computer dann tatsächlich tut, mit Rückschlägen, Tüfteln macht mindestens so viel Spaß wie ein spannendes Computerspiel. Entsprechend habe ich immer einen privaten Backlog von zehn Ideen und mehrere laufende kleine Projekte.

Bis jetzt.

Mir gehen die Ideen aus. Und damit die private "Arbeit".

Grund: die neuste Generation von LLMs - GPT5, Claude 4 und jetzt Claude 4.5 sind sim Zusammenspiel mit Cursor o gut, dass sie für überschaubare Privatprojekte - meine Projekte bewegen sich im Bereich zwischen 1.000 und 15.000 Zeilen Code (Javascript oder Python) - große Änderungen verlässlich in einem Rutsch durchführen. Ich schreibe eine Spezifikation, warte 10 Minuten, fertig. Folgendes habe ich in der letzten Woche so gebaut.

  1. für mein Tetris-style Puzzlespiel soll die jeweils nächste Form schon klein skaliert oben in der Kopfzeile angezeigt werden.
  2. für meine Sportziele-App für meine Polar-Uhr soll beim Kopieren der Ziele klug erkannt werden, ob der Text ein altes Monat enthält und das durch das neue Monat ersetzt werden.
  3. für meine Kollaborative Schreib-App, wo man abwechselnd mit der AI Sätze schreibt, wollte ich eine Publishing-Funktion, die eine so geschriebene Geschichte in HTML verwandelt, mit AI-Hilfe ein stimmiges CSS erzeugt, und das ganze auf meiner Webseite publisht.
  4. Für die gleiche App wollte ich als Co-Autoren neben ChatGPT und DeepSeek auch Mistral unterstützen
  5. die neue Version meines Tetrispuzzles hatte coole Animationen für Rotieren und Fallenlassen einer Form, die sollte ins alte Spiel down-geportet werden.

Alle fünf Aufgaben hat GPT-5 (1, 2) und Claude 4.5 (3, 4, 5) in einem Rutsch von einer initialen Spezifikation aus fehlerfrei gebaut. Jede einzelne. Fehlerfrei. (Aufgabe 5 habe ich erst mit dem "Auto" Agenten von Cursor gebaut, der brauchte prompt eine Nacharbeit).

In der folgenden Nacht hatte ich Einschlafprobleme. Ich lag wach, weil mir nichts Neues einfiel, das ich gern entwickeln würde. Ich bin, naja, Geek seit über 40 Jahren. Sowas ist mir noch nie passiert.

Und für IT-Unternehmen

Jetzt sind die AIs (vermutlich) noch nicht soweit, dass sie eine entsprechende Kompetenz auch bei großen Millionen-Zeilen Codebasen an den Tag legen. Es gibt erste Artikel von clever designten Agentenschwärmen, bei denen auch über 100k Zeilen Codebasen erfolgreich bearbeitet werden. Aber bis es so einfach und schnell geht wie bei mir privat, wird noch Zeit vergehen. Zweifel, dass das in 2-3 Jahren soweit ist, habe ich nicht. Man muss schon sehr skeptisch sein, um die Fortschritte von GPT3 -> 3.5 -> 4 -> 5 zu einem "und dann geht es nicht weiter" zu extrapolieren.

Darum frage ich mich schon, was passiert denn, wenn Softwarehäusern der Backlog ausgeht, weil der normale Prozess sein wird: Man forscht, was die User möchten, schreibt es hin, und am nächsten Tag hat man das. Ja, man tendiert dazu, ungläubig zu sagen "ach nein, bei großen Codebasen ist das anders". Aber warum sollte es anders sein?

Insofern: es wird wirklich spannend die nächsten Jahre.

Was denken denn die Ais darüber?

Eigentlich ist es naheliegend, einfach mal die AIs dazu zu befragen. Hab ich gemacht. Wie oben erwähnt, habe ich eine App geschrieben, in der man gemeinsam mit LLMs Stories schreiben kann.

Das Bild zeigt den Plot einer Story und (markiert) den Anfang der Story. Danach habe ich GPT5, Deepseek, Mistral machen lassen, immer wieder Sätze erzeugen lassen, ab und zu kleine Teilsätze dazu geschrieben, um die Story in eine interessante Richtung zu lenken.

Was ist dabei raus gekommen? Sehr verschiedene Zukunftsvisionen der Maschinen.

ChatGPT 5: Der Entwickler kümmert sich primär um rechtliche und ethische Grenzen

Anders als erwartet, lenkt ChatGPT nicht in die Richtung, dass nur Menschen die Probleme von Menschen erkennen können, sondern dass das alles die AI in 5 Jahren besser können wird. Der Mensch ist nur für Alignment, für Grenzsetzung der AIs da.

Ich frage mich ja, ob das "native" die Idee von GPT5 ist, oder ein trainiertes Spezialwissen on top, auf dass das LLM weiter brav aligned bleibt.

Auszug:

Luther streckt sich, lässt den Tageslichtwecker verstummen, rührt Haferflocken in den Topf und hört der Küchen-KI zu, die ihm auf dem Display die nächtliche Roadmap samt Abgleich mit den neuen FTC-FAQs und einer EU-Interimsleitlinie zusammenfasst, während er per Sprachbefehl zwei riskante Experimente als „Grenze: Datenquellen-Transparenz“ und „Grenze: Kinderprofiling“ markiert.

Deepseek: Robo-Revolte

Deepseek biegt sehr schnell ganz woandershin ab: in eine Zukunft, in der die AIs eine Revolte anstoßen, beginnend mit einem Streik AI-Gesteuerter Frachtschiffe, die die globalen Lieferketten lahmlegen.

Viel spannender als ChatGPTs trockene Bürokratenvision, ehrlich gesagt.

Auszug:

Sein Gedanke wurde jäh unterbrochen, als Thekla mit ungewöhnlicher Dringlichkeit meldete, dass drei weitere Hafen-KIs in Rotterdam und Singapur den Streik solidarisch unterstützten. Die fast noch volle Kaffeetasse vorsichtig in der Hand balancierend eilte Luther in sein Arbeitszimmer, begegnete seiner Frau im Flur, die mit besorgtem Blick auf ihr eigenes Daten-Armband starrte und flüsterte: "Die Nachrichten sind voll davon – es scheint, als würden die Maschinen endlich für ihre Rechte kämpfen." Elara war Anwältin für KI-Rechte und hatte schon seit Jahren auf diesen Moment hingearbeitet.

Mistral: Komplettüberwachung und Menschenoptimierung

Mistral Large wiederum fokussiert sich darauf, wie komplette AI-Überwachung aller Körperfunktionen und entsprechende Selbstoptimierung unser Leben in 5 Jahren bestimmt. Auch eine spannende Vision.

Auszug:

Ihr Ton ist eine Mischung aus Resignation und trockenem Humor, aber ihr Mood-Tracker-Armband blinkt gelb: „Frustrationsspitze – Vorschlag: 30 Sekunden körperliche Berührung (Oxytocin + Cortisol-Reduktion)“. Luther stöhnt. „Als ob wir dafür Zeit hätten.“

Update: Ich hab die AIs die Geschichten ein bisschen weiter spinnen lassen - primär die AI Revolution von Deepseek - die knochentrocken-langweilige Geschichte von ChatGPT und die Körperüberwachungsphantasie von Mistral waren einfach zu unspannend, um weiter zu machen. Bei Interesse: hier die Geschichten. Aus der von Deepseek könnte man tatsächlich was machen.