Hallo, ich bin Kurt.
und neu hier.
und neu hier.
Man erkennt unschwer: ich bin ein Dachs. Bis gestern hatte ich keine Ahnung, dass ich Kurt heisse. Ist aber wohl so. Wenn man den sonderbaren Leuten glauben darf.
Die sonderbaren Leute verfolgen mich. Das glaube ich zumindest. Ich habe da kürzlich diese echt schöne Würmerweide gefunden. Oben schön glatt und grün mit so kurzen Halmen. Untendrunter leckere Würmer, die man ausgraben und verspeisen kann. Jetzt verbringe ich jede Nacht ein paar Minuten dort und grabe. Doch seit gestern beschleicht mich das Gefühl, beobachtet zu werden. Ich werde dem nachgehen.
Wikipedia schwärmt übrigens von den "kräftigen Grabpfoten" von uns Dachsen. Kann ich nur bestätigen. Graben kann ich super. Macht auch riesigen Spaß. Manchmal allerdings habe ich den Verdacht, die sonderbaren Leute finden das nicht gut mit dem Graben. Am Tag nach meinen Ausflügen haben sie - ziemlich stümperhaft, wie ich schon sagen muss - meine Grabungen wieder zugedeckt. Soll mir Recht sein.
Bis morgen, liebes Tagebuch.
Schöne Nacht heute, klarer Himmel, da kann man gut nach Würmern graben. Heute um halb zwei mal nen Ausflug zur Würmerweide gemacht, und um drei Uhr gleich nochmal. Lecker. Ich hoffe, die sonderbaren Leute machen jetzt endlich mal ein Video von mir. Standbild ist so 20. Jahrhundert.
Bin noch randvoll von dem mehrstündigen Wurmgelage gestern und bleibe im Bau. Bis morgen!
Und auf einmal waren die sonderbaren Leute verschwunden. Wurde ehrlich gesagt Zeit; ich weiß nicht, was die auf meiner Würmerweide verloren hatten. Und so kann ich entspannt graben und schnüffeln, mampfen und herumtollen. So muss es sein. Hoffe, sie kommen nicht mehr wieder, diese Leute.
Darum hier ein paar schöne Impressionen meines neuen Lebens in Frieden.
Auch ich. Hab nen leckeren Wurm gefunden. Muss graben.
Auch ich. Direkt vor der Kamera im Infrarot-Blitz. Ein Dachs darf das Rampenlicht nicht scheuen.
Aber auch in nebliger Düsternis muss man als Dachs eine gute Figur machen.
Es war zu schön, zu paradiesisch. Gerade als mein Leben auf der Dachswürmerweide perfekt war (wenn man von ein paar verschreckt herumirrenden Katzen absieht), kam er. Und verdarb alles. Was macht der auf meiner Weide? Wer ist der überhaupt?
Seht ihr ihn graben? NACH MEINEN WÜRMERN?
Ich kann vor Frust nicht klar denken und mache Schluss für heute.
Du hast es bestimmt gemerkt, liebes Tagebuch. Ich lebte etwas zurückgezogen in der letzten Woche, habe mich vorbereitet auf den Auftritt: Intensives Catwalk-Training, umfassende Maniküre und Pediküre (mein youtube-Coach fürchtet, Madenreste in den Pfoten führen zum Wegklicken), gründliche Fellpflege. Jetzt strahlt mein Fell, meine Pfoten glänzen, und ich laufe im wiegenden Gang einer Gazelle. Seht selbst.
Doch, ich bin noch zu jung für den Ruhestand. Gerade in diesen seltsamen Zeiten, wo alle Welt an sehr kleine Tiere denkt, die vielleicht nicht einmal richtige Tiere sind, keine anständigen jedenfalls, solche mit Klauen und Schnüffelnasen, in solchen Zeiten sollte ein Dachs den Weg weisen. Darum hab ich gestern mal vorsichtig hier und da in der Würmerweide gegraben. Das freut sie bestimmt, die Zweibeiner. Ich hab auch schon gemerkt, sie haben ihre Kamera wieder aufgestellt.
Letzte Nacht hat mich dann aber Schüchternheit ergriffen. Konnte nicht ins Rampenlicht. Noch nicht...
Was für ein Auftritt! Kaum sah ich die Kamera der Zweibeiner, konnte mich nichts mehr halten! Ich stürmte auf die Würmerbühne und sonnte mich über drei Stunden im Rausch der zweibeinigen Aufmerksamkeit. Ich wühlte und ich schnüffelte; ich grub und ich stolzierte. Bestimmt 100 Fotos haben die von mir gemacht [Anm. des Protokollanten: es waren 290 Fotos, zwischen 22:45 und 2:28]! Ich werde der berühmteste aller Dachse! Die Welt wird mir zu Füßen liegen!
Als mein rauschhafter Zustand verflogen war, schaute ich mich zufrieden um. So muß eine gute Würmerweide nach getaner Arbeit aussehen. Die dröge flache Rasenfläche war einem feinen Würmeracker gewichen. Das wird die Zweibeiner freuen.
Man beachte meinen herrlichen Dachsschweif!
Bin den Ruhm nicht mehr gewöhnt
Ich merke, die Tage des Ruhms sind vorüber. Es gibt mir nicht mehr den Kick wie früher. Zeit, adieu zu sagen.